Umweltbewusstsein

Transpersonale Bewußtseinszustände haben potentiell heilende Wirkung auf Körper, Geist und Seele. Da solche Bewußtseinszustände sehr wahrscheinlich auch beim Taijiquan auftreten, hat seine Gesundheitswirkung auch eine geistige Dimension. Durch eine Ausdehnung des Gesundheitskonzeptes vom Individuum auf die Umwelt, kombiniert mit einer Bewußtseinsentwicklung zu transpersonalen Stufen, übernimmt man automatisch Verantwortung für die Umwelt, da die Identifikation des Ich nicht mehr auf den eigenen Körper/Geist beschränkt ist, sondern nun auch Natur und Umwelt umfaßt.
Wenn wir beispielsweise eine Taijiquan-Form in der freien Natur üben, stellt sich dabei oft ein meditativer Zustand ein, in dem wir das Einssein mit der Natur erleben. Die Gestimmtheit bei dieser Erfahrung auf der psychischen Ebene (Naturmystik) ist immer diejenige einer tiefen Verehrung, eine Empfindung der Ehrfurcht vor dem Dasein, eine Wahrnehmung der Bedeutungslosigkeit des Menschen im Allgemeinen und der eigenen Person im Besonderen.
Durch regelmäßiges Üben im Freien treten diese Gipfelerfahrungen häufiger auf, und eine Entwicklung zur dauernden Realisierung dieser Entwicklungsstufe, die mit einer weltzentrischen moralischen Entwicklung einhergeht, wird gefördert.
Die globale Umweltkrise ist in ihrem Kern eine Bewußtseinskrise. Es hilft wenig an den Symptomen herumzudoktern indem wir Therorien über vernetzte Systeme aufstellen und als Konsequenz dann Grenzwerte für Umweltgifte verschärfen, neue Energiequellen erschließen und Umweltsteuern erheben. Dies alles ist natürlich nicht verkehrt, aber es lindert nur die Symptome, ohne die zugrundeliegende Krankheit wirklich zu heilen. Wir müssen an die Wurzel des Problems, und das ist die Tatsache, daß nicht genug Menschen sich zu den postkonventionellen, weltzentrischen, globalen Ebenen des Bewußtseins entwickelt haben, wo sie automatisch dazu bewegt werden, für das globale Gemeineigentum zu sorgen. Und Menschen entwickeln sich zu jenen postkonventionellen Stufen nicht dadurch, daß sie Systemtheorie lernen, sondern daß sie mindestens ein halbes Dutzend innere Haupttransformationen durchmachen, von egozentrisch zu soziozentrisch zu weltzentrisch, woraufhin sie dann, und nicht vorher, zu einer tiefen und authentischen Anteilnahme für Gaia (Erde als lebendiger Organismus) erwachen können.
Wenn wir uns aber auf eine systematische, gründliche Selbsterforschung mit Hilfe außergewöhnlicher Bewußtseinszustände einlassen, die beispielsweise durch Meditation und Taijiquan ausgelöst werden, neigen wir dazu, eine klare und einheitliche Anschauung oder Vision von uns und der Wirklichkeit zu entwickeln. Die grundlegenden Merkmale dieser neuen Einstellung zum Leben sind ein Gefühl tiefen Verbundenseins mit den anderen Menschen, anderen Arten und mit der Natur, die Sorge um die globale Zukunft und eine universale und allumfassende Spiritualität. Weitere wichtige Charakteristika sind: ein ökologisches Umdenken in Richtung erneuerbarer Energiequellen, das dringende Bedürfnis, die Umweltverschmutzung zu beseitigen, und eine Tendenz, zu den natürlichen Kreisläufen zurückzukehren.

Literatur:

  • WILBER, Ken: Einfach "Das", S. 196.
  • GROF, Stan: Das Abenteuer der Selbstentdeckung - Heilung durch veränderte Bewußtseinszustände.
  • WILBER, Ken: Integrale Psychologie; S. 159.
  • GROF, Stan; LASZLO, Ervin; RUSSELL, Peter: Die Bewußtseinsrevolution; S.236f.

In der folgenden pdf-Datei finden Sie eine ausführlichere Version dieses Textes:
Veränderte Bewußtseinszustände im Taijiquan (pdf)